Dienstag, 10. April 2012

Prag, Mai 2009

Um zu wissen wo ich bin, müsste ich die Strasse überqueren, mir die Namen auf den Tafeln mühsam Buchstabe um Buchstabe abschreiben und danach versuchen, sie auf der Karte zu lokalisieren, die ich ebenfalls nicht lesen kann. Ich will ins Kampa-Museum, auf meinem Weg dahin zieht es mich in ein kleines Café, lauschig gelegen neben einer kleinen Brücke über den Seitenarm der Moldau, wo ich mir die Orientierungspunkte auf der Karte übersetzen lasse. Es ist einfach hier drin, nüchtern und doch gemütlich, wenige Holztische und Wienerstühle, ganz nach meinem Geschmack.

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Wir, das heisst, Robert und sein Team der Internationalen Festtage Bohuslav Martinů aus Basel, sind als Gäste der Stadt Prag zu den Feierlichkeiten eingeladen, die im Rahmen des 50. Todestages des tschechischen Komponisten stattfinden. Heute Morgen waren wir in der Ausstellung über Martinů im tschechischen Museum der Musik. Eine Dokumentation entlang der Stationen von Martinůs Leben, ergänzt mit Fotos, Text- und Tonzitaten. Die Ausstellung und die kleine Würdigung haben mir gefallen. Fast noch beeindruckter war ich allerdings vom Atrium des Museums mit seinen elegant geschwungenen Geländern, den Lichteffekten und dem Treppenbau im Hintergrund, der mich ein bisschen an Eschers Illusionen erinnert.

 

Robert verbindet nicht nur seine Herkunft mit dem tschechischen Komponisten, sondern auch die Liebe zu dessen Musik. Als Initiant der Martinů-Festtage hat er mitgeholfen, den Komponisten aus dem Vergessen zu holen und von international bekannten Interpreten spielen zu lassen. Die Inspiration dazu hatte er während eines Besuchs am Grab des Komponisten, der die letzten Jahre seines Lebens bei Paul Sacher in Basel verbracht hatte und dort begraben lag, bis seine Überreste 1979 nach Tschechien überführt wurden.

 

Tschechien: Der Name erinnert mich unweigerlich an die Episode anfangs der Neunzigerjahre, die sich in mein Gedächtnis eingegraben hat, weil sie so peinlich war, als der damalige tschechische Premierminister Václav Klaus, nach der Auflösung der Tschechoslowakischen Republik in die beiden souveränen Staaten Tschechien und Slowakei, in der Schweiz weilte und – warum auch immer, das weiss ich nicht mehr – im Hotel Mövenpick in Regensdorf eine Pressekonferenz abhielt. Ich war nur dort, weil Regensdorf im Einzugsgebiet unserer Zeitung lag, die Anwesenheit eines so hohen Tiers durfte natürlich nicht fehlen im Blatt, wenn auch bloss aus lokaler Sicht. Im Zusammenhang mit einer Frage rutschte mir das Wort Tschechoslowakei heraus, worauf Klaus mich wütend abkanzelte: «Nehmen Sie diesen Namen niiieee mehr in den Mund!!»

 

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Nachmittags, im Café Slavia

Im Kampa-Museum habe ich mich nur kurz aufgehalten, danach hatte ich Lust, der Moldau entlang zu bummeln und einfach nur das Gefühl zu geniessen, wieder hier zu sein.

In Prag bin ich zum dritten Mal. Unvergesslich gespeichert sind die Bilder, als ich 1970 zum ersten Mal mit meiner Freundin Irene hier war, nachdem die Truppen des Warschauer Paktes unter sowjetischer Führung den Prager Frühling zerschlagen und Prag und seine Bewohner in einer Art Schwermut zurückgelassen haben. Es war meistens kalt und düster, es muss Januar oder Februar gewesen sein, sicher irgendwann im Winter. Wir wohnten bei einem Ehepaar, dessen Tochter noch vor dem Einmarsch in die Schweiz gereist und danach nicht mehr zurückgekehrt war. Irene hatte sie in Bern kennengelernt, sie vermittelte uns die Adresse ihrer Eltern und gab uns Medikamente für sie mit. Wir übernachteten im Schlafzimmer der kleinen Zweizimmerwohnung, während die Eltern im Wohnzimmer schliefen, unser heftiger Protest hielt sie nicht davon ab, darauf zu bestehen. Sie verwöhnten uns, stellten uns das Frühstück auf den Tisch, einmal luden sie uns am Abend zu Zwetschgenknödel ein. Sie sprachen Tschechisch und Deutsch, erzählten uns, wie sie alles miterlebt haben, wie Aufbruch und Widerstand in Angst umgekippt sind, und dass man heute noch mehr aufpassen müsse, wo man was sage. Wir unterhielten uns über den Reformkurs unter Dubček und Svoboda, deren Namen wir zu Hause beim Demonstrieren skandiert hatten und über die wir mit den ideologischen Hardlinern unter uns gestritten haben.

Die Stadt war fast leer, wir hatten sie sozusagen ganz für uns. Stundenlang sind wir gelaufen, haben alles abgeklappert, was wir uns vorgenommen hatten, den Hradschin mit der Burg und dem Veitsdom, die Kleine Seite, das Strahov-Kloster, den Altstätter Ring, den Wenzelsplatz, den jüdischen Friedhof. Das meiste sahen wir nur von aussen. Viele der Fassaden waren zugebrettert, auch das Rathaus und die Uhr. Vor dem Einmarsch hatte man damit begonnen, die Stadt zu sanieren, jetzt, über ein Jahr danach, stand noch immer alles still.

Abends hockten wir in der Beiz, im U Tří Pštrosů, dessen Name uns zum Lachen brachte und uns an Emils Kreuzworträtsel-Nummer erinnerte, wir ergötzten uns daran, einander Prgl! und Octrn! zuzurufen. Im Lokal mit den mittelalterlichen Kreuzbögen, das ich später nicht mehr gefunden habe, diskutierten wir mit Studenten, die literweise Bier tranken und immer aufpassten, dass niemand zuhört, wenn sie uns vom Prager Frühling erzählten. Manchmal zeigten sie auf jemanden und sagten, das könnte ein Spitzel sein. Vielleicht hatten sie Recht oder es war die Paranoia nach den traumatischen Ereignissen, vielleicht wollten sie uns aber auch nur ein bisschen auf die Rolle schieben.

Die Tschechin, eine Architektin, hatte Irene empfohlen, ein altes Heilbad in Mähren zu besuchen, dessen Name ich längst vergessen habe. Wir fragten im Tourismusbüro danach, die Dame riet uns davon ab, da sei gar nichts zu sehen, sie empfehle uns dagegen das Schloss Frauenberg in Südböhmen – das einmal der Familie Schwarzenberg gehört hat und jetzt Staatseigentum ist, wie wir dann herausgefunden haben, deshalb wohl die Empfehlung. Als wir unschlüssig waren, buchte sie uns kurzerhand zwei Plätze, und noch bevor wir uns richtig versahen, sassen wir im Bus, der die wenigen Touristen dorthin brachte.

Das Schloss mit dem zungenbrecherischen Namen Hluboká nad Vltavou war eine neugotisch-neoromantisch verkitschte Scheusslichkeit mit – natürlich – einigen kulturhistorisch wertvollen Einzelheiten, berühmt ist die Kassettendecke, die uns fast erschlagen hat, und im Jagdzimmer voller Geweihe – an den Wänden, als Lampen von der Decke, als Stuhl- und Tischbeine – kriegten wir einen Lachkrampf. Die Reise hat sich dennoch gelohnt, an diesem Tag schien die Sonne und die Landschaft Böhmens ist wirklich sehr schön.

Am nächsten Tag fuhren wir entgegen dem Ratschlag der Dame im Tourismusbüro doch noch ins alte Heilbad in Mähren, unsere Gastgeber wussten, wie man dorthin gelangt. Es war eine nostalgische Reise in die Vergangenheit, im stotternden Zug, gezogen von einer schwarzen Rauch ausstossenden Dampflokomotive, unterwegs hielten wir in einem Dorf oder Städtchen, jedenfalls mit einem grossen, quadratischen Platz, er war leer, es hingen Fahnen der Partei mit Hammer und Sichel an den Häusern und wir fragten uns, ob die hier wohl noch immer oder schon wieder hingen.

Der Schaffner sagte uns, wann wir aussteigen müssten, an einer verlassenen Bahnstation, einer alten Hütte mitten im hohen Gras. Ein schmaler Trampelpfad führte über eine Böschung in den Wald und dort auf einen etwas breiteren Weg. Wir waren schon unsicher, ob wir überhaupt am richtigen Ort gelandet waren und ob wir hier jemals wieder hinausfinden würden, als plötzlich barocke Figuren auftauchten, die mal den Weg gesäumt hatten, jetzt waren sie versteckt, ganz mit Moos überwachsen, man musste nach ihnen Ausschau halten, um sie zu sehen. Sie waren verzaubernd schön, früher beachtet, jetzt nur noch einsam und verlassen, sie taten uns fast ein bisschen leid.

Zum Tor des ehemaligen Heilbads führte der Weg aus dem Wald hinaus über ein stoppliges Feld, ich erinnere mich nur noch undeutlich an einen grossen Gebäudekomplex mit einer Mauer darum, durch deren Tor wir hineingingen, der Boden im Hof hinter der Mauer war grasüberwachen, einen Brunnen sehe ich noch und einen kleinen Kräutergarten mit einer Frau, die dort etwas hackte oder pflückte. Wir wollten sie fragen, was aus dem Heilbad geworden ist, an das hier nichts mehr erinnerte, aber sie verstand nur Tschechisch und schüttelte den Kopf.

Die Frau im Tourismusbüro hatte Recht, wenn sie sagte, dass dort nichts mehr sei, andererseits hat uns diese Reise in die Vergangenheit sehr viel tiefer berührt als die Zurschaustellung der Reichtümer im ehemaligen Schloss der Schwarzenbergs und deren fragwürdigem Geschmack. Vielleicht auch deshalb, weil es ein Abenteuer war, das uns ein bisschen ängstigte, als wir eine kleine Ewigkeit auf einen Zug warteten und nicht wussten, ob überhaupt jemals wieder einer anhalten würde.

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Das zweite Mal in Prag war ich mit meinem Mann Res, noch vor der Wende. Hier im Slavia, nicht im Café, sondern im dazu gehörenden noblen Restaurant, haben wir einmal gegessen, der Concierge im Hotel hatte uns die Adresse empfohlen und gesagt, es sei das beste Restaurant in Prag, doch das Essen war für unsere doch ziemlich verwöhnten Gaumen höchstens mittelmässig, was wir dem sozialistischen Osten zuschrieben.

Die Stadt, die ich mit Irene kennengelernt hatte, war beim zweiten Besuch nicht mehr wiederzuerkennen, richtig geschockt war ich auf der Karlsbrücke, auf der Irene und ich noch Freudensprünge gemacht hatten, so schön war es da, wir beide ganz allein, jetzt mussten Res und ich uns im Menschenstrom millimeterweise vorwärtstreiben lassen, an den Händlern vorbei, die ihre Billigware anboten, Entkommen unmöglich. Ich war enttäuscht. Die zweite Invasion, die der Touristen, hatte die geheimnisvolle Stadt mit der unvergleichlichen Silhouette in eine Kulisse verwandelt, das wahre Leben fand anderswo statt. In einem Café, das wir etwas frustriert aufsuchten, weil im Museum, wo wir hinwollten, schon sehr früh zu viele Menschen Schlange standen, bot uns ein Taxifahrer eine Stadtführung an, zu einem vorher ausgehandelten Preis. Es war ein guter Deal, der Taxifahrer war ein Student, der viel wusste, über die Stadt, ihre Geschichte, ihre Kultur, er zeigte uns das Wichtigste, brachte uns aber auch an unbekanntere Orte. Ich kann mich noch an den Augenblick erinnern, hoch über der Stadt, als wir vorne an der Mauer standen und auf die Moldau blickten und ich wieder die Musik im Ohr hatte, die ich nie mehr vergessen habe, seit ich vor vielen Jahren Ferenc Fricsay einmal im Fernsehen gesehen hatte, wie er Smetanas Moldau vorstellte und dabei das Publikum aufforderte genau hinzuhören, was die Musik erzählt, wie das Wasser aus der Quelle perlt, wie aus dem feinen Rinnsal ein dahinziehender Fluss wird, vorbei an Landschaften, Hochzeiten und Unwettern, bis er schliesslich als breiter Strom im Meer verschwindet.

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Nach unserer Ankunft gestern Mittag wurden wir in einem Kleinbus abgeholt und zum Hotel an einem Seitengässchen in der Nähe des Altstätterrings gebracht. Unterwegs sind mir die vielen Baustellen aufgefallen, Prag ist wieder mal im Aufbruch, diesmal sind es keine politischen, sondern wirtschaftliche Ziele. Ein Rundgang mit Robert als Reiseleiter zeigte eine pulsierende Stadt, schön, einzigartig, und doch hat sie für mich ihre geheimnisvoll verzaubernde Atmosphäre des ersten Mals endgültig verloren. Wie die erste Liebe, die man wiedersieht und merkt, dass die Erinnerung nicht mehr der Realität entspricht.

Die Vertreterin der Stadt erklärte uns das Programm, tagsüber sind wir frei, bis auf den heutigen Morgen im Museum, abends jeweils eingeladen, gestern in der Laterna Magika, natürlich auf den besten Plätzen. Ich hatte etwas ganz Anderes erwartet, kleiner, poetischer, trotzdem war es eine interessante Erfahrung, mit überraschenden Effekten und einer perfekten Choreografie

3. Tag, nachmittags, im Café Louvre

Das Jugendstil-Café im Zuckerbäckerstil, in den Farben écru und altrosa, mit grossen Bogenfenstern auf die Strasse und Spiegeln in den Bogennischen der gegenüberliegenden Wand, gefällt mir, hier fühle ich mich wohl. Es ist früher Nachmittag und nicht voll besetzt, man hört praktisch nur Tschechisch, ein voll behangener, alter Zeitungsständer erinnert an die traditionelle Kaffeehauskultur, wie sie auch in Wien anzutreffen ist, selbst die Kuchen in der Auslage sind zum Teil dieselben, kulinarisch die gefährlichsten Verführer hier in Prag.

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Nach dem Slavia schlenderte ich zum Pulverturm, wo ich mit den andern verabredet war, und von wo uns Robert ins Kavarna Obecni dum führte, mit seinen riesigen Leuchtern, den Marmorwänden und dem Messingdekor das wohl eindrücklichste Jugendstil-Kaffeehaus Prags, weder in Wien noch in Paris gibt es etwas Vergleichbares, anderswo sowieso nicht. Auf dem Rückweg ins Hotel zog es mich in einen kleinen Laden mit ganz zauberhaften Marionettenfiguren. Kleists Erzählung über das Marionettentheater fiel mir ein, sie gehörte zur Pflichtlektüre in der Buchhändlerschule.

Abends waren wir ins Nationaltheater eingeladen. Die Gebrüder Bubeníček tanzten, wovon der eine offenbar zu den weltbesten Ballett-Tänzern gehört, wie Robert wusste. Bisher hatte ich mich nie besonders für Ballett interessiert, in meiner Vorstellung verband ich es mit Tütüs und Spitzentanz, aber die Darbietung der Bubeníčeks hat mich eines Besseren belehrt und mich dermassen begeistert, dass ich mir vornahm, im Opernhaus in Zürich unbedingt auch mal eine Aufführung zu besuchen. (Seither war ich schon mehrere Male in Ballettaufführungen und bin voller Hochachtung für die Tänzerinnen und Tänzer. Das moderne Ballett ist hochspannend und übertrifft jede andere körperliche Höchstleistung, mit dem Unterschied, dass Tanz schlecht bezahlt ist, während für andere, im Vergleich wesentlich weniger spektakuläre sportliche Höchstleistungen Millionenbeträge bezahlt werden.)

Den Schlummertrunk genehmigten wir uns ohne offizielle Begleitung im tiefen Keller der Bierhalle U Vejvodu. Man muss sie gesehen haben, diese Bierhalle, sie ist riesig, lärmig, ein Unikat. Es wurde ein feuchtfröhlicher Abend, sogar ich als erklärte Nichtbiertrinkerin liess mich zum Pils überreden.

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Der heutige Tag begann mit einer Besichtigung des jüdischen Viertels. Ich bin mit den anderen mitgegangen, weil ich mich nicht die ganze Zeit absondern kann, es wäre unhöflich. Im original erhaltenen Café, worin Kafka heute noch omnipräsent ist mit Bildern und Zitaten, sassen wir als einzige Gäste, ein seltsamer Ort, düster und etwas abweisend.

Die schlichte Atmosphäre in der Altneu-Synagoge beeindruckte mich, vielleicht weil ich mich mit dem jüdischen Volk verbunden fühle seit meiner Kindheit, wenn meine Mutter von ihrer jüdischen Freundin und deren Familie erzählte, im Geschäft des Vaters konnte sie später ihre KV-Lehre absolvieren. Es waren keine orthodoxen Juden, aber manche Rituale wurden gepflegt, etwa das Brot brechen am Tisch, was meine Mutter immer sehr beeindruckt und wovon sie immer mit grosser Achtung gesprochen hat. So habe ich mich schon früh mit dem Schicksal der Juden im Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Ich konnte nie fassen – und kann es bis heute nicht –, was ihnen angetan wurde. Die Vorstellung, dass Menschen andere Menschen zusammentreiben und industriell vergasen, ist für mich die allerschlimmste der vielen Grausamkeiten, zu denen die Menschen offenbar fähig sind. Res war ebenfalls an zeitgenössischer Geschichte interessiert und sammelte alle Dokumentarfilme, die es über den Zweiten Weltkrieg gab. Ich weiss noch, wie enttäuscht ich war von «Schindler’s List», weil der Film auf mich eher beschönigend wirkte und nicht annähernd das Grauen zu zeigen vermochte, das ich in den schwarz-weissen Dokumentarfilmen gesehen hatte.

Extrem hoch sind die Eintrittspreise, was eine Kollegin zu der Bemerkung veranlasste, «c'est juif!». Ihre Bemerkung ärgerte mich. Gerne hätte ich sie daran erinnert, welche Folgen solch unbedachte Äusserungen und gedankenlose Pauschalisierungen haben können, überhaupt, was undifferenzierte und unpräzise Sprache anrichten kann, wenn sie auf Dummheit und Unwissenheit trifft. Aber ich wollte keinen Streit. Statt womöglich noch die Stimmung zu verderben, weil ich meinen Mund nicht halten kann, verabschiedete ich mich und ging wieder meinen eigenen Weg.

Am Wenzelsplatz traf ich auf das alltägliche, geschäftige Prag. Das tat gut nach so viel Museumsatmosphäre inklusiv Touristenhorden im engen, ältesten Teil der Stadt. Ich mochte es, mich ganz normal zu bewegen, am Bancomaten Geld zu besorgen, im Haushalt- und Lebensmittelladen meinen Apfel zu kaufen.

In diesem Moment sehe ich Robert und die anderen an einem Tisch weiter vorne, mit dabei seine Tante, die in Prag lebt. Sie hatten offenbar die gleiche Idee mit dem Louvre. Ich werde mich kurz zu ihnen gesellen, seine Tante begrüssen, die ich schon an Konzerten getroffen habe, und dann weiter gehen. Abends sind wir von der Stadt zum Essen eingeladen und anschliessend werden wir ein Marionettentheater besuchen, nicht mehr auf Einladung, sondern auf eigene Kosten, wir entschieden uns dafür, obwohl Robert abgeraten hat.

Wieder zu Hause, ein paar Monate später

Das Marionettentheater hätten wir uns sparen können. Wir waren nicht im Marionetten-Nationaltheater, wo die Vorstellung womöglich besser gewesen wäre, sondern in einem kleinen, eher etwas schmuddeligen Theater, in das sich nur Touristen verirren. Nichts von Kleists beschriebener Anmut. Eine Enttäuschung. Aber Robert hatte uns ja gewarnt.

Unseren letzten Tag kann ich nur noch anhand der Fotos rekapitulieren. Eines der Bilder zeigt uns in der Bar des beeindruckend schönen Jugendstilhotels Pariz, das sich keines von uns leisten könnte – ausser Dorette natürlich. Auf einem anderen Bild stehen wir in der wartenden Schlange vor dem Veitsdom. Ein Bild zeigt Robert, wie er einer Gruppe von Musikern, die auf dem grossen Platz vor der Burg spielen, eine Münze in den Hut legt. Gegessen haben wir im Hof eines alten Gebäudes, von dem ich nicht mehr weiss, wo genau das war, auf dem Rückweg sind wir am Strahov-Kloster vorbeigekommen und ich habe meinen voraussichtlich letzten Blick auf die Stadt geworfen.

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