Montag, 11. September 2017

Was auf dem Spiel steht

Philippe Blom schreibt in seinem neusten Buch "Was auf dem Spiel steht" nichts, was man nicht schon wissen könnte. Lesenswert ist sein Essay allemal: Einerseits als kurz gefasste, sachliche Zusammenfassung der drei wichtigsten Themen unserer Zeit – Klimaerwärmung, Digitalisierung, Spaltung der Gesellschaft – andererseits als dringender persönlicher Appell an uns alle, die Zeichen der Zeit zu erkennen und ernst zu nehmen. Ausserdem ist sein Text einfach und nachvollziehbar formuliert und dient somit hervorragend als Argumentationsgrundlage.
Letztlich geht es im Buch um die Frage, ob wir Menschen fähig zur Einsicht, und ob wir willens und in der Lage sind, unsere Zukunft zu retten.
Zur Klimaerwärmung und zur Digitalisierung liegen die Fakten und Prognosen auf dem Tisch. Ich kann sie zur Kenntnis nehmen, daraus meine Schlüsse ziehen und mich entsprechend verhalten.
Bei der schon seit langer Zeit sich abzeichnenden Spaltung der Gesellschaft geht es in Bloms Buch nicht bloss um Rechts oder Links im parteipolitischen Sinne. Er sieht die Spaltung zwischen den Marktgläubigen einerseits und den Nationalismus-Gläubigen andererseits – oder anders ausgedrückt zwischen liberalisiertem Markt kontra nationaler Festung – als zwei Lager, die im Grunde genommen nur eines wollen, nämlich die Gegenwart (in ihrem Sinne) bewahren. Die Herausforderungen der Zukunft verlangen jedoch zwingend die Zusammenarbeit aller Kräfte, die durch diese Spaltung blockiert sind.
Ob und wie der gegenwärtige, tiefe Graben zwischen den beiden Lagern zugeschüttet werden könnte und ob und wie die Zusammenarbeit danach irgendwann tatsächlich funktionieren könnte, weiss ich nicht. Aber bevor ich mir die apokalyptische Katastrophe herbeiwüsche, aus der alle zwangsläufig klüger würden, falls es sie dann noch gäbe, halte ich an der Hoffnung fest, dass jede Einsicht theoretisch möglich ist. Und was theoretisch möglich ist, müsste doch eigentlich auch umsetzbar sein. Irgendwann. Vielleicht. Und wenn es nur aus purem Egoismus geschähe.
Das wäre dann die Einsicht, von der Blom schreibt. Als eine Art Hoffnung. Und weil er wohl selber nicht so ganz daran glaubt, lässt er die Zahnfee kommen, die den Menschen diese Einsicht über Nacht im Traum eingibt, damit sie am nächsten Morgen endlich die grössten Herausforderungen der Zukunft anpacken. So lange noch Zeit dazu ist.

Philippe Blom, Was auf dem Spiel steht, Hanser 2017